Dienstag, 10. Juli 2012

Der Garten in der ZEIT

In der 22. Ausgabe der ZEIT vom 24. Mai 2012 wurde die Titelgeschichte dem Garten gewidmet.
Einige Passagen fand ich aüßerst spannend und informativ. Deswegen habe ich mich entschieden, Einiges hier wieder zu geben. Nicht nur Bilder, lieber Leser! Es lohnt sich!

Garten ist, laut dem Autor des Artikels "Das Glück ist grün" Hanno Rauterberg, kein Pflichtprogramm mehr, sondern eine neue Gartenkultur erblüht, die sich sogar die Gartenkünstler, die Engländer, anschauen. Man spricht über "New German Style", der besonders im Präriegarten - natürlich ausgesehene, aber über Jahre erprobte Pflanzengemeinschaft, vor allem aus Gräsern und Stauden bestened, zum Ausdruck kommt.


"In diesem Jahr werden die Deutschen erstmals genauseo viel Geld für ihren Garten wie für Backwaren ausgeben: 18 Miliarden Euro, rund 30 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Stauden und Sträucher sind die neuen Grundlebensmittel."



Die Gartenschau letztes Jahr in Koblenz hat 3,5 Mio. Besucher angezogen.

"(...) ein Staudenbeet oft billiger ist, als ihr heiß geliebter Rasen und pflegeleichter außerdem."

"Noch immer ist das Stiefmütterchen des Deutschen liebste Gartenblume, über 260 Milionen werden im Jahr produziert. Auch die knallrote Geranie hält sich stolz auf dem Balkonen." (...) "Man darf ja nicht vergessen, der deutsche Garten war eine gestalterische Wüste. Verglichen damit, erleben wir heute eine Ausbruch an Experimentierlust."

"Lange war ja nur ein blühender Garten ein schöner Garten. Nun aber, man sieht es überall, werden Fruchtstände und Gräserkolben nicht einfach im Herbst abgeschnitten, sondern bleiben den Winter über stehen, als falbes Glück der Vergänglichkeit. Auch das gehört zum >>neuen Denken<<."


"IM GARTEN VERMAG SICH EINE GESELLSCHAFT SELBST ZU ERKENNEN; IHRE ZWÄNGE UND IHRE SEHENSÜCHTE AUCH."
Je weiter sich die Virtualisierung verbreitet, desto mehr wächst das Bedürfnis nach Bodenhaftung, auch wenn das nur Parkdeck in Hamburg ist. "Eine Sehnsucht nach kriesenfestem Leben, eigenversorgt und eingbunden in den Rhythmus der Jahreszeiten."

"(...) man greift nicht zum Spaten, um irgendeiner ungeschriebenen Ordnungsregel zu gehorchen, sondern um sich schwitzend zu vergnügen. Damit entwickelt sich der Garten - wenn nicht alles täucht - wieder zu dem, was er seit ewigen Zeiten sein sollte: zu einem Ort des guten Lebens."

"Wer in der Erde herumwühlt, wer etwas anbaut, etwas kultiviert, der wird rasch merken, das(s) sich nicht nur ein Stück Land, sondern auch ein Stück seiner selbst verändert. Er spührt, wie sich seine Sinne schärfen und sein Verhältnis zur Welt ein anderes wird."

Garten lehrt Geduld, denn "ganz gleich,wie oft man nun gießt. wie sehr man sie düngt, die Zwiebel lässt sich nicht zwingen. Sie sprießt, wenn es ihr gefällt. Und der Gartenmensch steht wartend daneben und ist heiter erstaunt: über diese blühende Form der Unverfügbarkeit."

"Ein Garten ist nicht Kunst und nicht Natur, er ist ein spannungsvolles Dazwischen. Nie weiß der Gärtner, ob er es ist, der seinen Flecken Erde beherrscht. Oder doch umgekehrt."

"Hier kann jeder aus unzähligen Formen und Farben ein dreidimensionales Bild entwerfen."

"Anders als der Fetisch namens Wachstum, dem die Ökonomen huldigen, obwohl doch jeder weiß, dass Wachstum nicht glücklich macht, anders also als dieser Fetisch ist der wachsende Garten immer noch ein Versprechen."
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In "Der Hort des Philosophen" spricht die Zeit mit dem Kunsthistoriker Horst Bredekamp. Hier ein paar seine Worte:

"Der englische Garten ist zweifellos eine enorme schöpferische Leistung, eine große Erfolgsgeschichte der Moderne. Dieser Garten hat sich tief in die Zellstruktur unseres politischen Denkens gebohrt: Die Natur ist demnach republikanisch. Und im Landschaftsgarten verbünden sich Natur und Demokratie. Die alternative Bewegung, nämlich die Fortdauer des französichen Barockgartens bis heute, wurde daher weitgehend ignoriert." Der englische Garten war auch ästhetisch strenger und "folgt einer konsequent vorgegebenen Choreografie." Er "hat den Charakter einer zwanghaft geführten Freiheit."


Lante
Pratolino
Herrn Bredekamp begeistern italienische Renaissancegärten z.B. Tivoli mit seiner strengen Geometrie und frivolen Wasserkaskaden am Hang, Lante oder Pratolino. 

Heiliger Wald von Bomarzo, angelegt in 16. Jh.
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Ein paar gute Sätze von Jakob Augstein in "Beim Graben kommen einem die besten Ideen". Schon im Titel steckt ein bemerkenswerter Hinweis.
"Der Zaun bedeutet Kultur. Er grenzt eine Fläche ab und schafft eine Raum der Verantwortung, der Gestaltung. Einen Raum der Ordnung."
"Und der Garten ist der Ort der selbstbestimmten Arbeit. Also der Arbeit, die den Menschen zum Menschen macht. Damit ist der  Garten ein politischer Ort."
"Der Garten ist nichts für Gruppen. Gruppengärtnern klingt schon vom Begriff her irgendwie anstößig. Der Gärtner arbeitet allein. Im Garten. Und in sich selbst. Denn der größte Teil der Gartenarbeit findet im Inneren statt."

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Und das Härteste zum Schluß: "Der Terror der Pflanzen" von Jens Jessen
"Gärten bleiben niemals die Rückzugsidylle, von der die Magazine fabeln, sie sind keine Quelle der Entspannung, sondern harter Arbeit und täglicher Frustration, sie müssen gejätet, gegossen, beschnitten und bepflanzt werden, und am Ende war der Boden doch nicht geeignet für das Tränende Herz, die Azalee oder auch nur den ordinären Flieder, von denen man träumte. Und wenn der Boden geeignet war, dann waren es der Schatten nicht oder die Sonne oder die ringsum noch wuchernden oder kümmernden Sträucher."
"Wer in der Natur Erlösung von der Konkurenzgesellschaft des Büros sucht, trifft in seinem Garten auf den schlimmsten, nämlich ursprünglichen Darwinismus."

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